Schreibmaschine

Lena erzählt ihre Geschichte.

Endobabe Lena
Die hatte ich schon immer. Oftmals war meine Periode so stark, dass ich ohnmächtig geworden bin, weil ich unter der Dusche stand und das Blut nur so runter lief. Unregelmäßige Blutungen, Krämpfe, Schlaflosigkeit … Aber seit Sommer 2019 häufte sich vieles, ich hatte einfach ständige Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall und mein Immunsystem war im Keller.

Zwar hatte ich schon immer starke Regelschmerzen und hab geblutet „wie ein Schwein“, aber dass sich im Alter von 26 Jahren meine Periodenschmerzen noch einmal drastisch verstärkten und veränderten, hätte mich zunächst vermutlich nicht mal direkt zum Arzt geführt. Denn ich war es zu dem Zeitpunkt ja schon 15 Jahre gewohnt, eine starke und auch schmerzhafte Periode zu haben. Meine damaligen Hauptsymptome waren ständige unerklärliche Übelkeit und massive Probleme bei der Darmentleerung. Ich hatte teilweise Mühe, überhaupt eine Treppe hochzusteigen, weil mein ganzer Kreislauf einfach völlig überfordert war und das waren nicht einmal die Tage an denen ich die Periode hatte. An den Periodentagen kamen „nur“ die massiven Schmerzen dazu.

Nach einer Magenspiegelung gab es kein hilfreiches Ergebnis. Denn mein Magen war völlig OK. Die Ärzte hatten keinerlei Idee, woher diese Beschwerden kamen. Da ich selbst damals ebenfalls keine Ahnung mehr hatte, welchen Arzt ich noch aufsuchen könnte, ging ich rein prophylaktisch zum Frauenarzt. Zu einem Neuen wohl bemerkt. Ich wusste zuvor, dass meine Mutter an Endometriose erkrankt war und beinahe daran gestorben war, eine Tatsache, die wie ich finde, oft nicht öffentlich gemacht wird. Ja, es mag eine gutartige Erkrankung sein und viele Frauen quälen sich Jahrzehnte mit furchtbaren Schmerzen und sie kann eben auch tödlich sein, wenn sie nicht oder zu spät diagnostiziert wird. Ich hatte
wirklich Glück mit meinem Frauenarzt. Bis heute hört er mir immer zu, nimmt jede meiner Beschwerden ernst, auch wenn ich selbst sie für noch so bescheuert halte. Bei der Untersuchung konnte er damals nichts feststellen, aber er machte die richtigen Laboruntersuchungen. Denn der Tumormarker CA-125 war bei mir stark erhöht gewesen. Auch wenn er zunächst den Verdacht des Eierstockkrebses hatte, was mich sehr schockierte, sorgte er dafür, dass alle notwendigen Untersuchungen durchgeführt wurden. Damals musste ich zwei Wochen mit der Ungewissheit leben, ob ich Krebs oder Endometriose hatte. Denn beide Erkrankungen kamen in Frage. Diese zwei Wochen kamen mir endlos vor.

Im Krankenhaus konnte man bei mir jedoch keine Bauchspiegelung durchführen. Da ich als Kind einen sehr schweren Autounfall hatte, bei welchem auch die Geschlechtsorgane operiert werden mussten, hatte ich damals schon zu starke Verwachsungen im Bauch. Die Ärzte haben daher ein MRT durchgeführt, bei welchem laut Bericht, eindeutig Endometriosestrukturen gefunden wurden. Ich weiß, dass diese Methode nicht 100%ig sicher ist, aber eine andere Wahl gab es bei mir eben nicht. Also bekam ich die Visanne, durchgehend.

Heute bin ich 36 Jahre alt. Also seit 10 Jahren „erfolgreich“ mit der Visanne eingestellt. Ich habe keinen Zyklus, dadurch allerdings auch einen niedrigen Östrogenspiegel. Alle Symptome der Endometriose sind vollständig verschwunden (solange ich die Visanne nehme). Keine Übelkeit mehr, keine Verstopfung mehr etc. Was für mich eindeutig beweist, dass die „Therapie“ angeschlagen hat. In welcher Form auch immer. Allerdings geht es mir mit der Visanne zunehmend schlechter. Eigentlich schon seit einigen Jahren und jetzt ist es so schlimm, dass ich nicht mal mehr einen Arbeitstag überstehe. Ich lebe wie eine 70 Jährige Frau… allerdings ständig in den Wechseljahren. Mit den Hitzewallungen könnte ich noch leben, doch die Stimmungsschwankungen und die trockenen Schleimhäute, die für Schlafstörungen usw. sorgen, das macht mir echt zu schaffen. Auf der Arbeit ständig zu heulen, ohne Grund, wirkt nicht gerade professionell. Immer wieder fange ich mir Harnwegsinfekte ein. Der Letzte dauerte drei Wochen, mit Fieber, Schüttelfrost und drei
verschiedenen Antibiotika. Das alles zerrt an meinen Kräften, so dass ich schlussendlich entschieden hatte, mich von meiner Gebärmutter zu trennen. Keine leichte Entscheidung, zumal ich immer Kinder haben wollte, aber immer noch keine habe. Aber wenn man den normalen Alltag nicht mehr schafft, weil die Nebenwirkungen einfach zu sehr einschränken, dann ist das einfach nicht tragbar.

Ich hatte mich natürlich zuvor informiert und mein Arzt sagte mir auch, dass durch eine Gebärmutterentfernung die Endometriose trotzdem noch da ist und Beschwerden machen kann. Allerdings hatte meine Mutter gute Erfahrungen damit gemacht. Ihr musste die Gebärmutter und ein Eierstock entfernt werden. Den Anderen ließ man trotz Endoherd drin. Sie hatte nie wieder Beschwerden, musste keine Hormone nehmen. Ihr geht es heute, zum Glück, gut. Daher habe ich darin durchaus eine Erfolgschance gesehen. Schließlich hatte ich zuvor auch schon Östrogengele versucht, die jedoch Krämpfe und Blutungen verursachten und zu lange wollte ich diese auch nicht nehmen. Vom Absetzen der Visanne riet mein Gynäkologe mir immer ab, da die Endometriose mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder käme bzw. weiter wachsen würde.

Mein Gynäkologe unterstützte mich bei meinem Vorhaben, auch wenn er Zweifel hatte, ob dies zum Erfolg führen würde. Ich vereinbarte einen Termin im Krankenhaus und ging dort zum Vorgespräch. Die Ärztin dort brachte mich jedoch wieder sehr an meine Grenzen. Ohne Tränen verlief dieses Gespräch nicht, denn dass ich Endometriose habe, dass wollte sie nicht anerkennen. Wenngleich ich seit zehn Jahren dagegen behandelt werde. Allerdings hatte ich einige Jahre zuvor im anderen Krankenhaus dieser Stadt die gleiche Erfahrung gemacht. Plötzlich wollte kein Krankenhaus mehr diese Diagnose anerkennen. Das Krankenhaus, welches die Diagnose gestellt hatte, gab es nicht mehr. Scheinbar waren alle damaligen Ärzte, die diese Diagnose stellten, wohl dumm und unfähig, dass nun alle anderen Ärzte die Diagnose anzweifeln. Doch es sollte noch schlimmer kommen…

Nach vielen Tränen, gab die Ärztin mir dann einen OP Termin. Die OP war sehr risikoreich, da ja viele alte Verwachsungen vorhanden waren. Ich wollte natürlich keine weiteren Organverletzungen oder Ähnliches, doch welche Wahl hatte ich denn schon? Weiter machen wie bisher? Dazu hatte ich keine Kraft mehr. Oder die einzige Chance nutzen!? Ich ging das Risiko also ein. Die OP verlief auch ohne Probleme, allerdings war sie sehr kurz, was mich im Aufwachraum schon wunderte.

Zwei Tage lang konnte mir niemand sagen, was bei der OP nun gemacht wurde, ob die Gebärmutter nun raus war oder nicht. Dann kam endlich der Operateur zu mir und sollte mich aufklären. Seine Worte waren, „also Endometriose haben sie nicht und die Gebärmutter ist auch nicht vorhanden.“ Ich dachte, ich höre nicht richtig. Nach der OP war ich immer noch ziemlich dumm im Kopf und mein erster Gedanke war tatsächlich, „Joah, wenn da keine Gebärmutter ist, dann kann ich die Visanne ja weg lassen“ bis mir einfiel, dass ich ja 14 Jahre lang meine Periode hatte und das irgendwie nicht sein kann. Außerdem hatte mir noch kein Gynäkologe gesagt, dass ich keine Gebärmutter hätte. Im Ultraschall war diese ja deutlich zu sehen, auch wenn sie wohl vernarbt ist. Des Weiteren war der Arzt, wie seine ganzen Kollegen in diesem Krankenhaus der Meinung, ich solle die Visanne einfach absetzen.

Bereits im Vorgespräch hatte die Ärztin mir vorgeschlagen einen Auslassversuch zu machen. Woraufhin ich fragte, ob die OP nicht noch viel riskanter wäre, wenn die Endometrioseherde wieder wachsen würden. Was sie bejahte. Aber gut, das war ihr wohl egal. Denn ihrer Meinung nach habe ich keine Endometriose und laut dem Operateur, habe ich auch keine Gebärmutter.

Ich muss sagen, ich war noch nie so verwirrt nach Arztgesprächen und einem Krankenhausaufenthalt. Das einzige was mir der Operateur dann noch „anbot“, war eine Verödung der Gebärmutterschleimhaut. Aber auch nur, wenn die Symptome „ausreichend“ schlimm waren. Wenn die Symptome NICHT „ausreichend“ schlimm wären, wäre ich kaum das Risiko dieser OP eingegangen. Dann hätte ich einfach weiter die Pille geschluckt und
alles wäre gut.

Mein Glück war die Physiotherapeutin, die ebenfalls Endometriose hatte und mich darüber aufklärte, dass es Endometriosezentren und auch die Möglichkeit einer Reha gibt. Damit hatte sie gute Erfahrungen gemacht. Diesen Weg werde ich nun auch gehen müssen. Unwissend, ob das Endometriosezentrum überhaupt etwas für mich tun kann, und ob eine Verödung mir die Visanne ersparen würde. Aber ich habe immerhin die Hoffnung, dass die Ärzte dort kompetenter sind im Umgang mit Endometriose und ich mir nicht wieder anhören muss, dass ich diese Erkrankung nicht habe und die Visanne doch einfach weg lassen soll.

Das Krankenhaus hatte noch Rücksprache mit meinem Gynäkologen gehalten. Seine Reaktion hätte ich gern mitbekommen. Vom Operateur und der Ärztin aus dem Vorgespräch kam jedoch keine Richtigstellung und die Information, dass ich die Visanne doch weiter nehmen solle. Die Abschlussuntersuchung führte dann eine andere Ärztin durch. Diese war plötzlich viel netter, erkundigte sich nochmal nach allen Symptomen und erklärte mir, dass sie selbst mal in einem Endometriosezentrum gearbeitet hatte. Sie riet mir auch davon ab, die Visanne abzusetzen, was ich auch bis heute nicht getan habe. Denn ich selbst bin damals dabei gewesen, bei den Schmerzen, der Übelkeit, den Toilettensitzungen usw. und auch bei der Besserung durch die Visanne. Im Gegensatz zu den Ärzten, die diese Diagnose als nichtig erklären, nur weil sie bei mir nicht nach Standard diagnostiziert wurde. Wie ich bereits vorher schon erwähnte, ist meine Mutter damals fast gestorben, durch eine geplatzte Endometriosezyste. Ich finde es absolut fatal, wie leichtfertig Ärzte, selbst bei stehender
Diagnose und jahrzehntelanger Behandlung, dazu raten, die Visanne einfach abzusetzen, weil man diese Erkrankung ja gar nicht hat. Das schockiert mich am Meisten und natürlich die Tatsache, dass ich irgendwie keine Gebärmutter habe und das erst mit 36 Jahren gesagt bekomme und ich irgendwie immer meine Periode und all das hatte. Im Abschlussultraschall konnte die Gebärtmutter jedoch wieder gesehen werden. Also wird sie wohl da sein. Der Operateur konnte sie wohl nur nicht finden. Was ok ist aber felsenfest zu behaupten, da wäre gar keine… Selbst im Abschlussbericht ist erst die Rede von einer vorhandenen Gebärmutter und im nächsten Absatz ist es plötzlich nur noch ein Gebärtmutterstumpf.
Ohne Worte…

100% kostenlos

Dein Endometriose
Wegweiser als E-Book