Ich hatte immer drei Wochen meine Periode, eine Woche Ruhe und dann wieder drei Wochen meine Periode. Leider war sie auch sehr stark und kündigte sich vorher nie so wirklich mit leichten Blutungen an. Nein ich hatte immer direkt starke Blutungen und wurde aufgrund meiner durchbluteten Hosen von der Schule zum umziehen nach Hause geschickt.
Meine Mama dachte irgendwann auch ich wäre einfach sehr wehleidig und würde mich nur anstellen.
Kurz vor meinen 16. Geburtstag (2015) bin ich dann heimlich das zweite Mal zum Frauenarzt gegangen um mir aufgrund meiner andauernden Schmerzen, der Periodenstärke und meines ersten Freundes die Pille verschreiben zu lassen. Das ging auch gut bis Oktober 2017. Meine Periode kam wie immer nur viel stärker gepaart mit starken Schmerzen, die ich aufgrund privater Probleme nicht wirklich wahrgenommen hatte. Am 14.November war ich dann das erste mal so richtig im Krankenhaus, da ich dringend Hilfe benötigte.
Alles im Unterleib war entzündet und bis heute geht man davon aus, dass ich dort schon eine Blinddarmentzündung hatte, diese nur nicht rechtzeitig erkannt wurde. Meine Blutwerte zeigten keine Entzündungshinweise an und waren überraschend gut dafür dass ich eine Eileiter-, Eierstock-, Gebärmutterschleimhaut-, Scheiden-, Blasen- und Nierenbeckenentzündung hatte.
Es folgte eine sechswöchige Antibiotikakur. Meine Periode wurde ebenfalls mit Medikamenten unterdrückt, da ich schon fünf Wochen durch geblutet hatte. Bis heute kann ich diese Schmerzen nicht beschreiben, dass da mein akuter Leidensweg erst begann, war mir damals nicht bewusst. Dort auf der Kinderstation, wurde mir gesagt, dass die Infektionen zur Unfruchtbarkeit geführt haben könnten. Damals nahm ich das gar nicht ernst und dachte mir nicht viel dabei. Ich sprach damals die Gynäkologen auf Endometriose an und mir wurde klar und deutlich gesagt, dass ich zu jung dafür sei . Aber diese Schmerzen gingen nicht weg!
Im Januar 2018 waren die Schmerzen immer noch nicht besser. Zwischen Weihnachten und Neujahr war es sehr schlimm, ich habe weder gegessen noch getrunken und war einfach nur erschöpft. Ende Januar wurde ein MRT gemacht, dort konnte man Unmengen an Flüssigkeit sehen (Blut). Es folgte ein Anruf vom Arzt, dass ich sofort ins Krankenhaus kommen sollte. Meine Mama und ich waren zeitgleich im Krankenhaus als mein Hausarzt mir mitteilte, dass ich einen Blinddarmdurchbruch hatte. Ich war schockiert und konnte es nicht glauben, aber das würde diese Schmerzen erklären. Mein Hausarzt rief daraufhin seinen Chefarzt aus der Ausbildung an, dieser kam sofort aus dem Urlaub um mich am nächsten Tag zu operieren. Ich bat den Arzt darum nach Endometriose ausschau zu halten.
Nach einer sechsstündigen OP lag ich auf einer Station mit kontrollierter Überwachung. Ich habe dort kein einziges mal einen Arzt gesprochen oder zu Gesicht bekommen.
Als ich dann zur Nachkontrolle zum Hausarzt ging/ kroch, sagte er mir wie glücklich ich mich schätzen könnte, dass überlebt zu haben, er sprach seitdem immer wieder von einem Wunder.
Meine Organe mussten alle gereinigt werden, weswegen die OP so lange gedauert hatte.
Eigentlich hätte ich das nicht überleben können, aber das hab ich. Endometriose wurde nicht gefunden teilte mir mein Hausarzt damals mit und nahm dennoch meine Beschwerden weiterhin ernst.
Trotz der OP wurden meine Beschwerden nicht besser. Einen Monat später musste ich notoperiert werden, weil ein Faden vom Körper abgestoßen wurde. Dementsprechend war wieder einiges entzündet. Das war dann meine zweite Bauchspiegelung. Meine Dritte war direkt einen Monat später, da sollte mein Leistenbruch vielleicht der Übeltäter von meinen Schmerzen sein, aber auch diese OP verlief ergebnislos. Mein Hausarzt zog weg und dann fing erstmal die Such nach einem guten Hausarzt an.
Im Sommer 2017 bekam ich dann noch mehr Symptome, zum Glück habe ich immer Schmerztagebuch geführt. Ich selber hatte inzwischen mit dem Gedanken Endometriose abgeschlossen – Fehler.
Ich wurde vor Schmerzen immer wieder ohnmächtig, kippte um und die Schmerztabletten waren inzwischen wie Süßigkeiten.
Im November 2017 dann Blut im Stuhl und beim Erbrechen. Ich dachte zuerst es sei irgendwas mit meiner Blinddarmnarbe. Die Magenspieglung war unauffällig, Laktose und Fructose wurden getestet, jedoch ebenfalls unauffällig.
Januar 2018 der Verdacht auf Darmkrebs. Die Darmspiegelung unauffällig. Also war ich wieder bei 0. Als ich gerade beim Gastroenterologen aufstehen wollte fragte er mich nach meinem Schmerztagebuch, ich gab es ihm und er schickte mich nach Hause. Nach zwei Tagen wurde ich wieder in seine Praxis geladen und wir gingen gemeinsam meine Symptome durch. Anfangs waren die Schmerzen nur während der Periode, später auch außerhalb der Periode. Er entschied sich zusätzlich Mr. Google einzuschalten – und siehe da ENDOMETRIOSE Suchergebnisse gingen auf. Er empfahl mir einen Hausarzt, welcher ohne die Berichte gelesen zu haben meinte: “Frau Klein, ich denke Sie sind eine von zehn Frauen die unter Endometriose leidet!” In dem Moment weinte ich. Anschließend ging ich stocksauer zu meinem Gynäkologen und forderte eine Überweisung in ein Endometriosezentrum.
Nach langer Diskussion stellte er die Überweisung mit den Worten: “Wenn sie Endometriose haben, habe ich meinen Job verfehlt.” aus.
Ich vereinbarte direkt einen Termin im Endometriosezentrum und bekam noch im selben Monat einen Termin für die Sprechstunde. Drei Tage später wurde ich wieder in den OP gefahren. Nach der dreistündigen OP war es dann endlich soweit. Ich bekam am 26.03.2018, mit 18 Jahren meine Diagnose. Herr Dr. Krentel forderte die alten OP Bilder an, da er nicht verstehen konnte wieso bei drei OP’s niemand die Endo entdeckt hatte. Als ich die OP Bilder sah war ich wütend. Er sagte mir ich könnte alle drei Krankenhäuser verklagen, letztendlich tat ich es aber nicht, weil mir das meine Gesundheit nicht zurück bringt. Außerdem dachte ich, nun wird alles besser – falsch gedacht.
Es wurde leider wieder schlimmer. Im Oktober 2019 folgte meine zweite Endosanierung bei Dr. Salehin in Mönchengladbach. Auch dort wurde wieder was gefunden, zwar nicht viel aber die Endo war weiter aktiv.
Bewusst habe ich also von 2016 bis 2018 nach einer Diagnose gesucht. Dass etwas mit mir nicht stimmte war mir schon mit neun Jahren bewusst, also habe ich indirekt neun Jahre nach einer Diagnose gesucht.
Mittlerweile habe ich ein gutes Ärzteteam. Meine Frauenärztinnen sind mittlerweile meine 14. und 15., sie sprechen immer gemeinsam ihr Vorgehen mit mir ab. Sie geben zu, dass sie keine Experten auf dem Gebiet der Endometriose sind, aber ich bekomme alles was ich brauche von Ihnen. Mein Endometriose Arzt nimmt sich ausreichend Zeit für mich und nimmt mir meine Angst, er versteht meine Lage und heilt somit auch meine Psyche.
Mein Psychologe hilft mir das Geschehene zu verarbeiten. Bis heute beeinträchtigen mich die Schmerzen im Becken und im Leistenbereich, woraufhin meine Schenkel taub werden und stark kribbeln, in diesen Momenten kann ich keine zehn Minuten stehen, geschweige denn laufen.
Mein Freund ist eine große Stütze, er nimmt mir viel Hausarbeit ab, massiert mich, lässt mir ein Bad ein und tut immer alles dafür dass ich mich besser fühle. Er versteht meine Krankheit und dafür bin ich ihm unendlich dankbar, aber bei ihm fühle ich mich nicht krank, er behandelt mich wie vor der Diagnose, nur dass meine Symptome jetzt einen Namen haben. Die Adenomyose macht uns das Sexleben etwas schwer, immer wieder hab ich starke Schmerzen. Wir reden viel miteinander, damit er mir nicht wehtut. Meinen verspulten Hormonhaushalt bekommt er schon ab und zu mal ab, da weine ich dann, weil ich vergessen habe meine Wäsche zu waschen. Es ist anstrengend, aber wir wissen ja, warum es so ist.
Auch meine Eltern, meine fünf Brüder und meine Schwester gehen gut damit um. Sie kümmern sich um mich und verstehen wenn ich mal zu Hause bleibe anstatt was mit meinen Neffen und Nichten zu unternehmen. Kein Verständnis zeigt dagegen meine Tante die selber an Endometriose erkrankt ist, so etwas gibt es auch und natürlich gibt es noch mehr Menschen in meinem Umfeld die es nicht verstehen wollen. Daran verschwende ich inzwischen keine Zeit mehr, denn wenn es jemand verstehen will, dann hört man auch zu und erkundigt sich.
Freunde habe ich außer meinen besten Freund keine mehr, durch die Endo habe ich leider viele verloren und wurde wegen der Endo auch schon gemobbt – selbst “erwachsene” Menschen in Berufsschulen sind schlimm.
Ich weiß auch noch genau wie am 26.03.2018 mein Arzt zu mir kam und ich direkt fragte ob ich Kinder kriegen möchte, heute mit 20 beschäftigt mich das mehr als mit 17. Natürlich habe ich Angst, dass ich keine Kinder kriegen kann, aber ich muss gestehen ich mag diese Kinderwunsch Geschichten nicht, weswegen ich darüber weder lese noch etwas hören möchte.
Ich ziehe mir aus der Endometriose immer etwas Gutes, ich sehe meine Endo als einen guten Freund an und schon lange nicht mehr als Feind. Dass tut mir extrem gut und auch unser Miteinander ist besser geworden.
Ich kann nur jedem raten, sich bei Endometriose psychische Hilfe zu holen. Ich muss sagen, dass für mich die Psychiatrie die beste Therapie überhaupt war. Bis heute wende ich viele Aufgaben und Übungen aus der dieser Zeit immer noch an und ich bin froh heute keine Suizidgedanken mehr zu haben.
Das war also meine Lebensgeschichte, danke dass ich sie teilen durfte!
Liebe Grüße eure Klein ♡
Ihr lieben Endobabes, es erschüttert mich zu lesen, dass Suizid, bei so jungen Menschen ein Thema war oder ist! Solltet ihr Hilfe brauchen, kann ich euch den Verein “Freunde fürs Leben” empfehlen. Dort findet ihr rund um die Uhr Ansprechpartner, welchen ihr euch anvertrauen könnt.